Jugendliche im Netz – Wo sie sich aufhalten und was sie dort tun

Heutige Jugendliche und junge Erwachsene sind eine viel beachtete Zielgruppe, über deren Freizeitverhalten schon viel geforscht wurde. Ein wichtiges Merkmal dieser Altersgruppe: sie ist mit digitalen Medien und dem Internet aufgewachsen und wird deshalb auch „Digital Natives“ genannt.
In dieser Studie geht es um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei der Internetnutzung der Digital Natives im Vergleich zu Erwachsenen zwischen 35 und 45 Jahren. Diese ältere Vergleichsgruppe besteht aus Personen, die ebenso mit der Internetnutzung vertraut sind und das Internet regelmäßig und selbstverständlich nutzen, aber eben noch nicht damit aufgewachsen sind. Über- oder unterdurchschnittlich internetaffin im Vergleich zu anderen Vertretern ihrer Altersgruppe sind sie nicht. Die Angaben der Befragten unterstützen diese Einteilung. Während die jüngere Gruppe zum größten Teil angibt, schon mit unter 15 Jahren mit der Internetnutzung begonnen zu haben, war die ältere Gruppe beim Einstieg zum größten Teil schon zwischen 20 und 25 Jahren alt. Die unterschiedliche Sozialisierung, sicher aber auch generelle Unterschiede im Verhalten Jugendlicher und Erwachsender bewirken letztendlich die im Folgenden dargestellten Ergebnisse.

Auf welchen Seiten Surfen Digital Natives? Besuchen sie grundsätzlich anderen Seiten als die ältere Vergleichsgruppe?

In jedem Fall gilt, dass das Spektrum an „Lieblingsseiten“ mit steigendem Alter signifikant sinkt. Das heißt, die Jüngsten besuchen im Schnitt pro Surfsession die meisten Seiten. Mehr als 10 verschiedene Seiten sind es aber auch in dieser Gruppe nur bei den wenigsten.
Bei der Auswahl der besuchten Seiten gibt es erwartungsgemäß Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten.
Der Top-Favorit beider Gruppen ist gleich: Facebook wird am häufigsten genannt, wobei der Abstand zum zweitplatzierten bei den Jüngeren wesentlich deutlicher ausfällt als bei den Älteren.
Ebenfalls sehr häufig genannt wurde Google, wobei zu vermuten ist, dass diese Platzierung hinter Facebook nicht die tatsächliche Nutzung wiederspiegelt. Vielmehr wird Google von vielen wohl gar nicht als „Seite“ wahrgenommen und deshalb auch nicht als Lieblingsseite genannt.
Bereits auf den folgenden Platzierungen werden die Unterschiede der verschiedenen Gruppen deutlicher:

  • Bei der älteren Gruppe stehen Shoppingseiten besonders hoch im Kurs.
  • eBay und Amazon zählen in dieser Gruppe zu den Favoriten, während die jüngere Gruppe sie deutlich seltener als Lieblingsseite angibt.
  • Bei der jüngeren Gruppe ist Youtube sehr beliebt, gefolgt von diversen Seiten, die in erster Linie der Kommunikation untereinander dienen, wie z.B. MSN, web.de, hotmail, studiVZ oder GMX – Surfen besitzt also für Digital Natives in erster Linie eine soziale Komponente.
  • Die Seiten der Internetanbieter T-online und freenet spielen dagegen allenfalls in der älteren Gruppe eine Rolle, von den Jüngeren werden sie kaum als Favoriten genannt.

Abbildung 1: Lieblingsseiten

 

Vermutlich liegt es auch an der höheren Shoppingaffinität der älteren Gruppe, dass diese im Schnitt deutlich häufiger zu den Vielnutzern zählen, die 25 oder mehr Stunden Ihre Freizeit pro Woche im Internet verbringen. Produkte auswählen und Shops durchstöbern kostet nun einmal Zeit. Keine großen Unterschiede lassen sich allerdings in der Wahl des Geräts erkennen, mit dem im Internet gesurft wird. Bemerkenswert ist jedoch, dass bereits fast die Hälfte aller unter 18jährigen ein Smartphone besitzt. Dennoch werden Laptop oder PC weiterhin am häufigsten zum Surfen verwendet, wenn auch mit abnehmender Tendenz. Smartphone- bzw. Tabletbesitzer nutzen im Schnitt schon für ein Drittel ihrer Surfzeit Smartphone oder Tablet. Die zunehmende Verbreitung entsprechender Geräte legt nahe, dass dieser Wert in Zukunft weiter steigen wird.

 

Welche Faktoren beeinflussen die Internetnutzung?

Auch wenn keine ausschließlich jugendspezifischen Seiten als „Lieblingsseiten“ genannt wurden – Digital Natives lassen sich dennoch von ihrer Kultur in ihrem Surfverhalten beeinflussen. So geben die jüngeren Befragten wesentlich häufiger an, dass sie sich einer bestimmten Gruppe zugehörig fühlen, wobei verschiedene Musikrichtungen wie z.B. HipHop oder Metal am häufigsten als Identifikationsmerkmal genannt werden, gefolgt von Sport, sei es als Fan oder aktiver Sportler.
Diese Gruppenzugehörigkeit beeinflusst dann auch sehr häufig das Surfverhalten. Viele „Gruppenmitglieder“ geben an, dass der größte Teil ihrer Surfzeit im Zusammenhang mit eben diesem Zugehörigkeitsgefühl steht.
Dass dieses auch auf Facebook, Youtube oder ähnlichen Angeboten ausgelebt werden kann, erklärt das Fehlen spezifischer Angebote unter den Lieblingsseiten.

Wo liegen die Besonderheiten der Gruppen in der Nutzung sozialer Netze?

Der Großteil der Jugendlichen verbringt zwischen zehn Minuten und zwei Stunden täglich in sozialen Netzwerken. Ein Teil dieser Gruppe ist aber auch mehr als drei Stunden täglich in sozialen Netzwerken unterwegs.
Nur die wenigsten Vertreter der älteren Gruppe nutzen dagegen Facebook&Co mehr als eine Stunde am Tag.
Anzunehmen ist, dass diese Werte durch die unterschiedliche Lebensweise in den verschiedenen Altersgruppen bedingt sind. Während die Jugendlichen viel Zeit mit Ihren Freunden – off- oder online – verbringen, stehen bei 35-45jährigen Partnerschaft und Familie sowie berufliches Umfeld oft im Vordergrund, wofür soziale Netze in eher geringem Maße eingesetzt werden.
Aber nicht nur die Nutzungsintensität unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Gruppen. Auch in der Art der Nutzung lassen sich Unterschiede feststellen.
Das fängt schon bei der Zahl der „Freunde“ an, mit denen man im Netzwerk verknüpft ist. Während die deutliche Mehrheit der unter 25jährigen mehr als 50 Freunde hat, ist in der älteren Gruppe immerhin fast ein Fünftel mit weniger als 10 Personen vernetzt. Auch dabei spielen sicherlich die unterschiedlichen Lebensumstände eine Rolle, schließlich lernt man in der Schul- Ausbildungs- und Studienzeit sehr schnell sehr viele Leute kennen, die zum allergrößten Teil ebenfalls Mitglieder der sozialen Netzwerke sind. Bei denjenigen, die mit zehn oder weniger Personen vernetzt sind, spiegeln diese Verknüpfungen dagegen vermutlich den tatsächlichen engeren Freundes- und Familienkreis wieder.
Und wofür werden die sozialen Netzwerke hauptsächlich genutzt? Auch die Nutzungsintentionen unterscheiden sich in den beiden Gruppen. Während in der jüngeren Gruppe die direkte Kommunikation untereinander überwiegt, sei es durch Nachrichten, Chat oder Pinnwandeinträge, steht bei der älteren Gruppe das Mitlesen und „auf dem Laufenden bleiben“ im Vordergrund. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Schnelligkeit, mit der sich Meinungen und Erfahrungen innerhalb einer Gruppe ausbreiten. Viel Kommunikation untereinander und eine starke Vernetzung sorgen für eine enorm schnelle Verbreitung der von der Gruppe als relevant eingestuften Nachrichten.

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Abbildung 2: Intentionen der Netzwerk-Nutzung

 

Der intensive Austausch der Digital Natives untereinander über soziale Netze birgt zudem für Seitenbetreiber und andere Anbieter Chancen und Risiken. Kommt eine neue Seite, eine Funktion, eine Kampagne oder ein Produkt in der Zielgruppe der Digital Natives gut an, so kann sich diese Nachricht sehr schnell verbreiten und damit eine gute Werbewirkung erzielt werden. Das Gleiche gilt jedoch auch umgekehrt. Ist ein Digital Native unzufrieden mit einem Shop oder einem Produkt macht auch das schnell die Runde und kann einen enormen Imageschaden bewirken. Schon deshalb ist Vorbeugung durch steten Austausch und nutzerzentrierte Entwicklung so wichtig.

 

Wie und wo shoppen Digital Natives?

Der zweite Bereich, der für die befragten Personen einen hohen Stellenwert besitzt ist alles, was mit dem Thema Shopping zusammenhängt.
Abgesehen davon, dass Shopping für die Älteren insgesamt wichtiger ist, gibt es hier auch viele Gemeinsamkeiten zwischen beiden Gruppen. Beide sind sich beispielsweise einig bezüglich der Lieblingsshops: Amazon und eBay haben die Nase vorn. Auch was die Sorgfalt angeht, mit der Produkte ausgewählt werden oder die Bereitschaft, Artikel zurückzusenden sind keine signifikanten Gruppenunterschiede feststellbar.
Lediglich die Auswahl an Shops jenseits der absoluten Favoriten zeigt Unterschiede im Verhalten. Während sich die jüngere Gruppe besonders für Zalando und H&M begeistern kann, bevorzugt die ältere Gruppe „Klassiker“ wie Otto und Neckermann für den Onlinekauf.

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Abbildung 3: Lieblingsshops

 

Die unterschiedliche Wahl der Favoritenshops im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Erwartungen an verschiedene Seitenelemente zeigt eines deutlich: Es ist enorm wichtig, seine Zielgruppe zu kennen. Nicht nur bei der Konzeption für „Senioren“ sollte man deshalb zielgruppenspezifische Anforderungen beachten, auch andere Altersgruppen haben durchaus ihre besonderen Ansprüche und Bedürfnisse.

 

Worauf kommt es beiden Gruppen bei der Beurteilung von Seiten ganz allgemein an?

Gibt es grundsätzlich Unterschiede in den Anforderungen und Erwartungen? Auch dazu gibt es einige Erkenntnisse.
Zunächst einmal lässt sich ganz allgemein sagen, dass die jüngeren Befragten im Schnitt weniger Geduld beim Surfen haben. Wenn sie etwas auf einer Seite nicht sofort finden, geben sie schneller auf und wechseln schneller zu einem anderen Angebot als die ältere Vergleichsgruppe.
Aber auch die einzelnen Inhaltstypen auf Websites werden von den verschiedenen Gruppen teilweise unterschiedlich beurteilt.
Einig sind sich beide Gruppen, wenn es um Fotos bzw. Bilder geht – diese sind auf Informationsseiten ganz allgemein ein Muss. Fehlen sie, sind beide Gruppen unzufrieden.
Auseinander gehen die Erwartungen, wenn es um Austauschmöglichkeiten mit anderen Nutzern geht. Diese erhöhen in beiden Gruppen die Zufriedenheit der Nutzer, je besser sie umgesetzt sind. Besonders die ältere Gruppe vermisst diese Möglichkeiten aber (noch) nicht, sollten sie nicht vorhanden sein.
Ähnliches lässt sich für Videos feststellen. Sie werden zwar von beiden Gruppen bisher nicht unbedingt erwartet, sondern können vielmehr begeistern, sollten sie vorhanden sein. Bei der jüngeren Gruppe lässt sich aber auch für diesen Inhaltstyp eine höhere Erwartungshaltung feststellen.

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Abbildung 4: Geduld bei der Suche

 

Diese Ergebnisse zeigen, dass einerseits die Erwartungen hinsichtlich eingebundener Inhaltstypen steigen, andererseits die Toleranz und Geduld sinkt, wenn etwas auf einer Seite nicht sofort gefunden wird. Dass diese Tendenz von der jüngeren Gruppe ausgeht zeigt, dass auch die Anforderungen an die Usability stetig steigen. Mehr denn je gilt deshalb, dass die Konkurrenz nur einen Klick entfernt ist, wenn es Probleme mit der Nutzbarkeit der Seite gibt!

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Download der Studie (kostenlos):

Die Ergebnisse der eresult Studie können in unserem Download-Bereich kostenlos herunter geladen werden. Es ist lediglich eine Registrierung erforderlich.

Zur Methodik:

Befragt wurden Mitglieder des Onlinepanels Bonopolis.de aus dem deutschsprachigen Raum.
Ausgewertet wurden die Antworten von 223 Teilnehmern zwischen 12 und 25 Jahren und 267 Teilnehmern zwischen 35 und 45 Jahren.
Die Datenerhebung erfolgte im Juli 2011.

 

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