UX Guideline-Sets können sehr hilfreich sein, um beim menschenzentrierten Gestaltungsprozess effizient auf bereits etabliertes Wissen aufzubauen und die User Experience zu steigern.
Jedoch muss dazu erst im richtigen Moment das richtige Guideline-Set gefunden werden. Deshalb werden im Folgenden 21 einschlägige UX Guideline-Sets vorgestellt, welche eine breite Reichweite an Themen beinhalten und unterschiedlich anwendungsnah sind.
Bei der DIN EN ISO 9241 handelt es sich um einen Klassiker, den jeder kennen sollte. Hier finden sich Standards des Deutschen Instituts für Normung, die als grundlegende Richtlinien zur Gestaltung der Mensch-System-Interaktion betrachtet werden können. Unter den (vermutlich) in der UX-Branche bekanntesten Guidelines sind die Interaktionsprinzipien (9241-110) oder die Leitlinien zur Gestaltung von Benutzungsschnittstellen für das World Wide Web (9241-15).
https://www.din.de/de/meta/suche/62730!search?query=9241
Diese „Gesetze” stammen aus der Gestaltpsychologie und beschreiben Prinzipien, nach denen visuelle Elemente als zusammenhängend wahrgenommen werden. Damit bieten sie einen universellen Ansatz der menschlichen, visuellen Wahrnehmung, wie bspw. Elemente auf einem User Interface bei der visuellen Verarbeitung gruppiert werden, und wie man diese bewusst im Design ansteuern kann. Ursprünglich formulierte Wertheimer (1923) hierzu sechs Prinzipien, die bis heute eine zentrale Grundlage für Design und UX darstellen. In der untenstehenden Webseite werden acht Gestaltgesetze benannt, erläutert und direkt Designableitungen für digitales Design gegeben.
Bereits 1987 formulierte Ben Shneiderman in seinem Werk Designing the User Interface: Strategies for Effective Human-Computer Interaction, die bis heute relevanten acht goldenen Regeln der Gestaltung einer Mensch-Maschine-Schnittstelle für ein Interface. Diese Regeln wurden, nach eigener Angabe, aus der Erfahrung abgeleitet und über drei Jahrzehnte verfeinert.
https://www.cs.umd.edu/users/ben/goldenrules.html
In seinem berühmten Werk The Design of Everyday Things finden sich unter anderem die von DonNorman publizierten sechs Prinzipien für die Usability bei der Interaktion mit Alltagsgegenständen. Die untenstehende Webseite listet diese auf und erklärt sie abstrakt in wenigen Sätzen. Für einen tieferen Einblick ist Don Normans Buch als Standardwerk immer wieder lesenswert.
Ein weiterer Klassiker des Usability Designs sind Jakob Nielsen's 10 Prinzipien des User Interface Designs. Neben den erklärten Heuristiken werden auch Tipps zur Umsetzung, kurze (auch optisch umgesetzte) Beispiele und Links zu weiterführenden Informationen in Form von Artikeln oder Videos gegeben. Zudem werden Poster mit der Zusammenfassung aller Prinzipien, oder ausführlicherePoster mit einer DIN-A-4-Seite pro Prinzip, bereitgestellt.
https://www.nngroup.com/articles/ten-usability-heuristics/
Auch von Jakob Nielsen (2001) formuliert, finden sich 113 Design Guidelines speziell für die Usability von Homepages, welche in 26 inhaltliche Themen kategorisiert sind. Diese Guidelines sind sehr konkrete Hinweise zur Gestaltung und Umsetzung. Darüber hinaus wird bei einigen Themen oder spezifischen Guidelines auch auf weitere, ausführlichere Erklärungen verwiesen.
https://www.nngroup.com/articles/113-design-guidelines-homepage-usability/
In neun verschiedenen Kategorien rund um Website Usability stellt David Travis seine insgesamt 247 Usability Guidelines zur Webseitengestaltung vor. Bei den Guidelines handelt es sich um positiv formulierte Statements, wie eine Web-Gestaltung sein sollte. Diese sind konkret und selbsterklärend, weshalb die Listen für sich stehen und nicht weiter ausgeführt werden (müssen). Zudem kann auf der untenstehenden Adresse ein Excel-Dokument mit einer Checkliste heruntergeladen werden, um die eigene Arbeit hinsichtlich der Statements zu prüfen.
Wie der untenstehende Blogbeitrag aufzeigt, ergeben Applikationen eigene Herausforderungen hinsichtlich ihrer Usability. Deshalb werden hier 10 Guidelines zur Verbesserung der App-Usability erläutert und an anschaulichen Beispielen verdeutlicht.
Wer sich wirklich tief in die Thematik stürzen will, kann sich mit diesen auf Research basierenden Web Usability Guidelines auseinandersetzen. Das PDF-Dokument umfasst insgesamt 292 Seiten an Guidelines des U.S. Department of Health and Human Services’ (HHS). Dabei werden viele Usability-Bereiche bezüglich des Website-Designs abgedeckt, wie auch die Optimierung der User Experience.
https://www.usability.gov/sites/default/files/documents/guidelines_book.pdf
Peter Morville veröffentlichte 2004 das UX Honeycomb, welches seinem Namen durch die Darstellung von sieben Begriffen in „Honigwabenformen“ entspricht. Diese Begriffe zeigen verschiedene Facetten der User Experience auf. Sie lassen sich aber auch als Werkzeug, im Sinne einer Guideline, verwenden. Näher beschrieben werden sie bspw. unter:
http://semanticstudios.com/user_experience_design/
Zu einer der (auch) von Peter Morville beschriebenen Facetten, der Credibility, entwarf die Stanford Universität 10 Guidelines zum Aufbau der Glaubhaftigkeit von Webseiten. Die entwickelten Richtlinien wurden laut Angabe der Webseite über drei Jahre Research und mit über 4.500 Personen entwickelt. Auf ihrer Webseite sind auch sämtliche Publikationen der zugehörigen Forschung aufgelistet:
Spezifisch, aber umsetzungsnah: der von Google’s UX Research Lead Jenny Gove and UX Design Lead Iram Mirza entworfene Guide mit 25 Tipps, um eine mobile Verkaufsapp oder Verkaufswebseite zu designen. Diese sind in vier Kapitel aufgeteilt, an anschaulichen Beispielen verdeutlicht und beziehen sich auf die gesamte User Experience. Exploration und Suche, Produktdetails und Reviews, Check-out und Zahlung und reibungsloses Einkaufen. Zu finden ist das Dokument unter:
https://www.thinkwithgoogle.com/marketing-strategies/app-and-mobile/mobile-retail-apps-sites-download-complete-guide/
Der Industriedesigner Dieter Rams stellt 10 Design-Prinzipien auf einer grundlegenden Ebene für ein „gutes Design“ auf.Die Prinzipien beziehen sich allgemein auf das Produktdesign und inspirieren alleine durch die Darstellung. Auf der untenstehenden Webseite von Vitsœ, deren Design Dieter Rams im Kontext von Möbeln entwirft, sind sie erläutert und mit Designbeispielen verdeutlicht.
https://www.vitsoe.com/gb/about/good-design
“Every successful innovation serves a human need.” Diese Überschrift der untenstehenden Webseite sagt schon einiges über die 77 Human Needs aus und weshalb sie in diesem Blogbeitrag auftauchen. Unterteilt werden die Bedürfnisse in fünf verschiedene Kategorien und sind bisher nur in Workshops oder Trainings erlebbar. Das Erfüllen der Bedürfnisse stellt in jedem Fall einen interessanten UX Gestaltungsansatz dar.
https://www.de3p.com/
Diese 26 “Axiome” von Erik Dahl stellen eigentlich Aufforderungen dar, wie UX Design in der Entwicklung von Produkten und Services erfolgen sollte, beziehungsweise umgesetzt werden kann. Vielleicht lassen sich die Axiome als eine Art Mindset der UX bezeichnen – sie geben Guidelines zum Prozess der Produktentwicklung an sich und beeinflussen so indirekt die UX der daraus entstehenden Produkte.
http://www.uxaxioms.com/
Die Nutzerfreundlichkeit von Webseiten wirkt sich nach eigener Angabe von Google auch auf ihr Ranking bei Suchergebnissen aus. Hierzu stellt Google auf der untenstehenden Webseite u.a. fünf konkrete „Signale“ auf, welche die Faktoren darstellen, mit der diese Nutzerfreundlichkeit bestimmt wird. Diese sind kurz und übersichtlich dargestellt und enthalten jeweils eine Verlinkung zu einer Möglichkeit, das Signal auf der eigenen Webseite zu überprüfen.
https://developers.google.com/search/docs/guides/page-experience
Im untenstehenden Blogbeitrag von Whitney Hess finden sich insgesamt 25 Guidelines: Fünf für die Designer selbst und 20 für das Design. Diese werden in Textform aufgeführt und jeweils kurz erläutert. Hier werden sowohl Empfehlungen für den Designprozess, als auch inhaltlich für das UX Design gegeben und jeweils in wenigen, prägnanten Sätzen erläutert.
Von A bis V enthält die untenstehende Seite in 19 Themenbereichen sämtliche Richtlinien zur Gestaltung von Benutzeroberflächen. Diese recht umfangreiche Zusammenstellung strukturiert die Guidelines inhaltlich und bettet sie in wissenschaftliche Befunde ein. Zudem werden gelegentlich Hinweise zu weiterführenden Informationen gegeben und zur Veranschaulichung Beispiele und Case Studies dargestellt.
Hierbei handelt es sich um eine Zusammenstellung relevanter UX Guidelines mit Fokus auf das User Interface oder die Interaktion. Einige der darin enthaltenen Guidelines sind auch in diesem Artikel aufgeführt und werden bei Nick Kolenda’s Webseite unten als Quellen angegeben. Die Zusammenstellung ist kompakt, aber umfassend, gut strukturiert und mit anschaulichen Beispielen verdeutlicht.
https://www.nickkolenda.com/user-experience/
Der UX Designer Zoltán Gócza formulierte mit der Unterstützung von Zoltán Kollin auf der untenstehenden Webseite 34 UX Mythen. Bei diesen handelt es sich um UX Fehlannahmen, die kurz erläutert und dann mit zahlreichen Beispielen und bspw. Guidelines, welche gegen den „Mythos“ sprechen untermalt werden. Eine strukturierte Webseite mit umfassenden Belegen.
https://uxmyths.com/
Wie der Titel bereits andeutet, sind auf der untenstehenden Webseite UX Guidelines verschiedener, erfolgreicher Unternehmen aufgelistet. Insgesamt 14, von Adobe bis Sony bereitgestellte Guideline-Sets sind hier ohne weitere Beschreibung übersichtlich aufgeführt und verlinkt.
https://usabilitygeek.com/usability-user-experience-user-interface-guidelines-companies-2016/
Fazit: Insgesamt sind in diesem Artikel, wie ich finde, sehr spannende Guidelines mit unterschiedlichem Fokus und Umfang aufgeführt. Viele laden auch dazu ein, sich tiefer mit dem entsprechenden Thema zu beschäftigen und bieten weiterführende Links/Literaturhinweise. Nichtsdestotrotz muss bedacht werden, dass Guidelines ein Hilfsmittel darstellen, welches nicht allein für einen menschenzentrierten Entwicklungsprozess sorgen kann. Die Grenzen, sowie Vor- und Nachteile von Usability-Guidelines, wurden bereits in diesem Blogbeitrag aufgearbeitet.
[1] Strategies for Effective Human-Computer Interaction